Schwerpunkte

Kindes- und Erwachsenenschutz ​

Sozial- und gesundheitspolitische Massnahmen zwischen "Schutz" und "Selbstbestimmung" – z.B. Fremdplatzierung oder fürsorgerische Unterbringung – bewegen sich zu jeder Zeit im Spannungsfeld von Fürsorge und Zwang. Im Rahmen des früheren Armenrechts und Vormundschaftswesens sowie des heutigen Kindes- und Erwachsenenschutzes erfolgen behördliche Eingriffe in Familien und in die Handlungsfähigkeit von Einzelpersonen. Betroffen sind Kinder, Jugendliche und deren Eltern sowie erwachsene Personen. Soziale und wirtschaftliche Entwicklungen prägen den Wandel von Zeitgeist und Rechtsverständnis. Die Projekte in diesem Modul untersuchen, wie Vorstellungen von "Schutzbedürftigkeit", Selbstbestimmung, Urteilsfähigkeit u.a.m. ihre Bedeutung im Lauf der Geschichte veränderten und wie sich dies auswirkte und auswirkt.

Massnahmen und Lebenswege

In diesem Modul wird nach den Folgen von Massnahmen im Spannungsfeld von Fürsorge und Zwang gefragt. Abhängig davon, wie Anordnung, Vollzug und Aufsicht ausgestaltet sind, können solche Massnahmen unterschiedliche Folgen zeitigen: Betroffene können sich als Spielball der Behördentätigkeit erfahren oder sie können ihren Standpunkt aktiv im Verfahren einbringen. Wenn Selbstbestimmung und persönliche Rechte im Rahmen von Massnahmen gegen Armut zu wenig Beachtung finden, können die nachteiligen Auswirkungen – für die Bildung, für die soziale und berufliche Integration, für die Existenzsicherung – den Lebensweg von Menschen bis ins hohe Alter zeichnen. Auch das soziale Umfeld und nachfolgende Generationen sind mit betroffen.

Rechte und Rechtspraxis

​​​Staatliches Handeln im Spannungsfeld von Fürsorge und Zwang in den Bereichen "Schützen", "Unterstützen", "Fördern", "Eingreifen" erfordert rechtliche Grundlagen. Anordnung, Vollzug und Aufsicht von Massnahmen haben menschenrechtskonform zu erfolgen. Diese Bedingungen waren in der Vergangenheit nicht oder nur teilweise erfüllt. Die Projekte in diesem Modul untersuchen den Wandel von Rechtspraxis, Rechtsmitteln und sozialen Normen. Diese prägen das Verständnis, was "rechtens" ist. Insofern unterliegt auch die Frage, ob Betroffene Zugang zum Recht erhielten und ihre Rechtsansprüche durchsetzen konnten, dem Wandel der Zeit. Unabhängig davon stellt sich die Frage, ob Betroffene durch die damalige Rechtspraxis Unrecht erlitten oder ob die damalige Rechtsordnung oder Rechtspraxis gleichsam gegen Menschenrechte verstiess.

Ökonomische und politische Verflechtungen

​Die Ausgestaltung der Massnahmen gegen Armut im Spannungsfeld von Fürsorge und Zwang ist massgeblich geprägt durch die Logik der Finanzpolitik, der Institutionen und Netzwerke sowie des Zusammenwirkens der beteiligten – staatlichen wie nichtstaatlichen – Akteure. Je nachdem, wie die Prioritäten auf der politischen Agenda gesetzt sind und wie die Kostenfrage eingeschätzt wird, ergeben sich Verschiebungen in der Definition, was zum Besten ist für das "Wohl" von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Die Gewichtung im Verhältnis zwischen Selbstbestimmung und Schutz der Gesellschaft fällt unterschiedlich aus – wie auch die Folgen für die Betroffenen. Projekte dieses Moduls beschäftigen sich mit diesen Fragen.