Forschungsprojekt zur Entstehung und Wirkung kinderpsychiatrischer Begutachtung abgeschlossen
Bis in die 70er Jahre hatten psychiatrische Gutachten für viele Kinder und Jugendliche eine zwangsweise Fremdplatzierung zur Folge.
Kinderpsychiatrische Begutachtungen hatten bis in die 1970er Jahre für die Fremdplatzierung eine bedeutende Rolle. Über die Hälfte der Kinder, die damals in einer Beobachtungsstation waren, wurden anschliessend in Pflegefamilien oder meist in Heimen untergebracht. Dabei hatten gesellschaftliche Normen von Ehe und Familie eine grosse Bedeutung: Verheiratete Eltern hatten höhere Chancen, ihre Kinder nach der Begutachtung zurückzubekommen, während bei geschiedenen Eltern oder bei ausserehelich geborenen Kindern die Rückkehrmöglichkeiten deutlich geringer waren.
Die meisten Einweisungen erfolgten durch vormundschaftliche Organe, Fürsorgebehörden, Jugendämter, Jugendsekretariate, Schulen oder Schulbehörden. Kinder, die von den Behörden in die Beobachtungsstation eingewiesen wurden, hatten deutlich geringere Aussichten, ins Elternhaus zurückzukehren. Oft wurden bereits vor der Begutachtung behördlich angeordnete Kindesschutzmassnahmen umgesetzt. Die ärztlichen Gutachten legitimierten somit vorab geplante Fremdplatzierungen.
Der Aufenthalt in der Beobachtungsstation wird in den rückblickenden Erzählungen der Betroffenen oft als prägender, traumatischer Wendepunkt beschrieben. Fremdplatzierungen führten beispielsweise zu Schulwechseln oder Brüchen in zwischenmenschlichen Beziehungen. Bei den Betroffenen konnten daraus lebenslange Gefühle der Ausgrenzung und Selbstzweifel entstehen.